§ 312d Abs. 3 Nr. 2 BGB regelt das Erlöschen eines an sich bestehenden Widerrufsrechts des Verbrauchers unter folgenden Voraussetzungen:
• Vorliegen einer sonstigen Dienstleistung
• Beginn der Dienstleistungsausführung
• Ausdrückliche Zustimmung oder Veranlassung des
Verbrauchers
Die Regelung wird immer wieder von den Betreibern sogenannter Downloadportale ins Feld geführt, um dem Verbraucher zu suggerieren, dass dieser auf sein Widerrufsrecht verzichtet habe. Bei einer genaueren Betrachtung ergibt sich jedoch in den allermeisten Fällen, dass dem nicht so ist und das Widerrufsrecht noch ausgeübt werden kann.
Der folgende Artikel soll kurz erläutern, welche rechtlichen Ansatzpunkte sich hier für den Verbraucher bzw. dessen Rechtsanwalt bieten.
1. Begriff der „sonstigen Dienstleistung“
Unter dem Begriff der sonstigen Dienstleistung ist grundsätzlich jede Leistungserbringung zu verstehen, die keine Finanzdienstleistung (§ 312d Abs. 3 Nr. 1 BGB) ist.
Beim Download von Standardsoftware handelt es sich nicht um einen Dienstleistungs-, sondern um einen Kaufvertrag. In diesen Fälle ist § 312d Abs. 3 Nr. 2 BGB also nicht anwendbar (vgl. Härting, Internetrecht, 2. Auflage 2004, Rn. 558; Erman/Saenger, BGB, 12. Auflage 2008, § 312d, Rn. 16 m.w.N.). Dabei spielt es keine Rolle, ob ein oder mehrere Standardsoftwareprogramme zum Download bereitgestellt werden. Die Dienstleistung liegt nicht im Download selbst. Die Zusammenstellung, Sammlung, Qualifizierung und Filterung von Softwareprogrammen kann zwar grundsätzlich eine Dienstleistung darstellen. Diese Dienste werden von den Portalen jedoch im Vorfeld des Downloads, kostenfrei und ohne Zusammenhang zu einem konkreten Vertragsverhältnis erbracht.
2. Beginn der Dienstleistungsausführung
Die Ausführung der Dienstleistung muss begonnen haben. Nicht hierunter fallen bloße Vorbereitungshandlungen, die nicht die eigentliche Dienstleistung betreffen. Diesbezüglich ist streitig, ob die Bereitstellung von Zugangsdaten bereits eine Leistungserbringung darstellt oder noch als bloße Vorbereitungshandlung zu qualifizieren ist. Entscheidend wird man zur Beantwortung dieser Frage wohl auf den Schutzzweck des § 312d Abs. 3 BGB abstellen müssen. Diese Norm soll den Unternehmer davor schützen, dass der Verbraucher Dienste in Anspruch nimmt, im Nachhinein jedoch die vertragliche Grundlage für die Inanspruchnahme noch durch Widerruf zerstören kann. Ob dieser Schutzzweck eingreift muss im Einzelfall geklärt werden und hängt von der Art der Zugangsberechtigung, dem Umfang der damit abrufbaren Inhalte sowie deren Werthaltigkeit ab.
3. Ausdrückliche Zustimmung oder Veranlassung durch den Verbraucher
Vor Beginn der Dienstleistung muss der Verbraucher deren Ausführung ausdrücklich zugestimmt haben. Nicht ausreichend ist eine antizipierte Zustimmung in den AGB des Unternehmers.
Höchstrichterlich ist noch nicht geklärt, ob das Setzen eines Hakens in einer Eingabemaske ausreichend ist. Das Gesetz stellt jedoch keine besondere Formerfordernisse an diese Erklärung. Ausdrücklich bedeutet nur, dass die Erklärung nicht durch konkludentes Handeln abgegeben werden kann.
Der ausdrücklichen Zustimmung ist die Veranlassung durch den Verbraucher gleichgestellt.
4. Grundsätzliches zur Beweislast
Für das Erlöschen des Widerrufsrechts trägt der Unternehmer die Beweislast. Insbesondere ist er für das Vorliegen aller Tatbestandsmerkmale des § 312d Abs. 3 Nr. 2 BGB darlegungs- und beweispflichtig.
5. Fazit
In den allermeisten Fällen bietet die Rechtsverteidigung gegen eine erhobene Forderung (Aboverträge von Betreibern von Downloadportalen) Aussicht auf Erfolg, da das Widerrufsrecht nicht gemäß § 312d Abs. 3 Nr. 2 BGB erloschen ist.
Dies hat zur Folge, dass der Widerruf noch erklärt werden kann, sofern die übrigen Voraussetzungen (zur Fristberechnung und Ausübung des Widerrufsrechts vgl. Steinle, „Widerrufsrecht im Internet?“ veröffentlich auf http://www.anwalt-seiten.de/artikel/sec6/146.html) gegeben sind.
Angesichts dieser Sach- und Rechtslage ist es jedoch traurig, dass die meisten Betreiber der Portale bzw. deren beauftragte Inkassofirmen erst dann Ruhe geben, wenn sie Post vom Rechtsanwalt erhalten.